In meiner Tätigkeit an der HGK Basel stelle ich mir häufig die Frage, wie Informationen und Anleitungen so aufzuarbeiten sind, dass sie für Studierende und Mitarbeitende optimal verständlich und zugänglich sind. Kursanmeldungen, Geräteanleitungen, Sicherheitsanweisungen und Reglemente sowie Rechte von Studierenden und Mitarbeitenden, viel Wissen und Informationen rund um das Studium, den Arbeitsplatz und die Mitwirkung beruhen heute im Hochschulalltag auf Software und webbasierten Lösungen. Diese enthalten textbasierte Informationen an den Schnittstellen zwischen Lehre, Verwaltung und Infrastruktur sowie zu Werkstätten, Campusevents oder Beschaffungsstellen. Doch die Kommunikationskanäle sind oft unübersichtlich und laufen getrennt. Der Einsatz vieler verschiedener Tools für einzelne Arbeitsabläufe – teils auch unterschiedliche Workflows für gleiche Abläufe in verschiedenen Teams – führt zu Herausforderungen in der Zusammenarbeit. Mitarbeitende äusserten Unzufriedenheit über die umständliche Informationsbeschaffung, was zu längeren Arbeitsabläufen führt und ihre Hauptaufgaben beeinträchtigt. Bei Studierenden kann dieser Umstand dazu führen, dass sie auf stärkere Betreuung in ihrem Studium angewiesen sind. Der Fokus während des Studiums sollte jedoch nicht durch administrative Prozesse erschwert werden, auch wenn die Hochschule an zahlreiche Reglemente und Sicherheitsvorschriften gebunden ist, die oft wenig mit dem kreativen und freien Anspruch einer Kunst- und Designhochschule zu tun haben. Digitalisierung sollte nicht starre, bürokratische Strukturen unterstützen, die mit kreativen Prozessen kollidieren. Um diese Probleme zu adressieren, habe ich mich mit dem Projekt «Play the School» und den folgenden Fragen beim Incubator beworben: Wie kann das Teilen von Informationen für Studierende und Mitarbeitende durch verbesserte digitale Infrastrukturen erleichtert werden? Wie lässt sich künstlerisches Arbeiten mit administrativen Prozessen vereinen? Und wie können spielerische Zugänge zu digitalen Tools durch Teilhabe und Demokratisierung geschaffen werden? Als möglichen Lösungsansatz habe ich die Nutzung von Gamification identifiziert, da heutzutage sehr komplexe Spielmechaniken und -regeln in kürzester Zeit und ohne, dass der Konsument das Spiel in den ersten Minuten wieder abbricht, vermittelt werden. Dadurch ist es möglich, auch komplexe und zunächst langweilig erscheinende Mechanismen zu erlernen, ohne dass dabei Frust entsteht. Der Content wird dabei auf visuell ansprechende Weise präsentiert, was ideal ist, um das digitale Leben an einer Design- und Kunsthochschule neu zu gestalten. Kunst- und Designstudierende könnten so selbst an der Entwicklung teilnehmen, während Gamification-Elemente in nicht-spielerische Kontexte integriert werden, um Motivation und Engagement zu fördern. Im Projekt «Play the School» betrifft dies beispielsweise Schnittstellen zur Administration und zur künstlerisch-gestalterischen Forschung, etwa durch Storytelling, Simulationen oder interaktive Apps. Für die Umsetzung entschied ich mich zunächst, das Pilotprojekt «Gamethehgk.ch» zu entwickeln – eine interaktive Webseite, die sich an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, die Interesse an Kunst und Design haben und einen Einblick in die Hochschule gewinnen möchten. Die Webseite dient als erste Plattform, die verschiedene Informationsseiten miteinander verknüpft und interaktive Elemente bietet, die später erweitert werden können. Die Entwicklung, bei der ich als Projektleiterin und Content Creator verantwortlich war und bin, lässt sich in fünf Phasen unterteilen:
- Phase 1: Analyse. Zunächst wurde eine umfassende Analyse der bestehenden Tools durchgeführt, insbesondere der Webseiten, Vorlesungsverzeichnisse und Studiengangsstrukturen. Recherchen und Interviews halfen dabei, Ziele und Herausforderungen der Webseite zu definieren, wie zum Beispiel die Bearbeitbarkeit durch Studierende und die Vermeidung von Doppelungen mit der zentralen FHNW-Webseite.
- Phase 2: Konzeptentwicklung. In Zusammenarbeit mit der IT der HGK und Supercrowd, einer Game-Design-Firma aus Hamburg, wurde das Konzept für die Webseite sowie ein Skilltree-Simulator entwickelt. Der erste Alpha-Test wurde im Winter 2023/24 durchgeführt.
- Phase 3: Evaluation und Entwicklung des Prototyps. Nutzerbefragungen und Tests mit Studierenden, Mitarbeitenden, Alumni sowie Studieninteressierten lieferten wertvolles Feedback. Gleichzeitig arbeiteten wir mit Supercrowd an der Weiterentwicklung der einzelnen Bereiche. Jede Abteilung wurde für ca. einen Monat mit der Ideenfindung und der Erstellung der Inhalte für den jeweiligen Studiengang und das Institut eingebunden.
- Phase 4: Prototyp und Pilotprojekt. Der Prototyp wurde im Sommer 2024 veröffentlicht und ist seitdem spielbar. Diese Phase dient dazu, das Spiel vorzustellen und den Studierenden sowie Mitarbeitenden zu zeigen, welche Möglichkeiten die Webseite bietet. Sie können sich so besser vorstellen, wie das Tool genutzt werden kann und was verändert werden sollte für ihre Bedürfnisse. Zudem erfolgt eine kontinuierliche Anpassung basierend auf dem Feedback eines breiteren Publikums. Das Ergebnis ist eine gamifizierte Webseite als virtueller Campus, die sich zunächst an Studieninteressierte richtet.
- Phase 5: Weiterentwicklung. Ab Winter 2024/25 arbeitete ich an der Weiterentwicklung der Plattform und der Verknüpfung weiterer relevanter Tools sowie der Erstellung von Prototypen für zukünftige Anwendungen.
Dieser Pilot kann nun von Studierenden und Mitarbeitenden der HGK sowie der gesamten FHNW in einem partizipativen Prozess weiterentwickelt werden. Die Nutzung ist einfach und niedrigschwellig, was auch kleineren Projekten oder Einzelpersonen an der HGK die Möglichkeit gibt, sich zu beteiligen. Der Vorteil liegt in der visuellen und erlebbaren Darstellung der HGK sowie der Möglichkeit, die Hochschule in neuen und abstrakten Räumen zu denken und so den räumlichen Horizont zu erweitern. Studierende können sich selbst repräsentieren, Inhalte erstellen und verwalten. In der Lehre kann GametheHGK dazu genutzt werden, online Ausstellungen und Veranstaltungen durchzuführen sowie kleinere Modulabschlüsse sichtbar zu machen. Dies erhöht die digitale Zugänglichkeit für Interessierte und fördert den Aufbau digitaler Expertise. Es gibt noch viele weitere Möglichkeiten, die «Play the School»-Gamification weiter auszubauen. So könnte ein Login-System eingeführt werden, bei dem Studierende und Mitarbeitende ihre eigenen Accounts haben und über diese auf ihre Vorlesungen, ECTS-Punkte und Bewertungen zugreifen können. Zudem könnten neue Räume mit eigenen Regeln geschaffen und von den Nutzern bespielt werden. Ebenfalls steht zu Debatte, ob ein gesamter FHNW-Campus integriert und weiterentwickelt werden soll, um auch die Ideen zur digitalen Zusammenarbeit der Hochschule zu fördern. All diese Ansätze bieten grosses Forschungspotenzial im Bereich der Digitalisierung praxisorientierter Lehre. Das Ziel ist es, digitale Werkzeuge direkt aus der Lehre heraus zu entwickeln und nicht künstlerische Prozesse in starren digitalen Formaten zu verwalten. Digitale Werkzeuge sind auch ausserhalb der Hochschule von entscheidender Bedeutung für die Informationsbeschaffung und wir sollten uns mit der Frage auseinandersetzen, wie digitale Inhalte heute und in Zukunft gestaltet sein sollten. In diesem Kontext kann eine Kunst- und Designhochschule eine Vorreiterrolle bei der nicht-textbasierten Vermittlung übernehmen, denn dies eröffnet die Möglichkeit, Informationen auf Augenhöhe zugänglich zu machen, die Teilhabe zu fördern und individuelle Gestaltungsspielräume zu schaffen. Das kollektive und spielerische Entwickeln von Werkzeugen ist ein wichtiger Faktor, um Akzeptanz zu gewinnen und sowohl technologisch als auch sozial innovativ zu sein.
Weiterführende Links:
- https://gamethehgk.ch
- https://www.fhnw.ch/de/
- https://vorlesungsverzeichnis.hgk.fhnw.ch/25FS
- https://nextgeneration.hgk.fhnw.ch/2024/
- https://civic.hgk.fhnw.ch
- https://openhouse.hgk.fhnw.ch
- https://dertank.ch
- https://raum.fhnw.ch/rauminfo/locations/location-map-208.pdf
- https://industrialdesign-basel.ch/#/
- https://www.mediumbasel.ch
- https://llad.ch/#/
- https://www.hypermagazine.ch
- https://ausstellungsdiskurs.ch
- https://doingfashion.ch
- https://makesensephd.ch/#/
- https://masterofdesign.ch
- https://www.instagram.com/hgkbasel_fhnw/
- https://www.fab-foundation.ch/home.html
- https://mediathek.hgk.fhnw.ch/nebis/viewer?sys=00-00
- https://criticalmedialab.ch
- https://onisolation.hyperwerk.ch
- https://erinnerungsraum.in3.campusderkuenste.ch/2023/